Ich bin als Atheistin in Deutschland geboren und aufgewachsen. Ich habe keinerlei Migrationshintergrund und hatte somit auch lange Zeit keinen Kontakt zum Islam.
Später studierte ich Kulturwissenschaften und lernte viel über verschiedene Kulturen und Religionen. Aus meiner Perspektive, waren Religionen ein interessantes kulturelles Phänomen, nicht mehr und nicht weniger. Ich kann zumindest behaupten, dass es mir nicht an Vergleichsmöglichkeiten und Hintergrundwissen gemangelt hat. Ich las Kant und Decartes, war begeistert von westlicher Philosophie und dass kein Gottesbeweis möglich war, war für mich Beweis genug, dass es keinen Gott gibt. Wenn man generell nicht an Gott glaubt, dann kann man nie Religionen im Ganzen verstehen, denn es mangelt die eigene Erfahrungsebene.
Eines Tages passierte etwas, was mein komplettes Leben veränderte. Ich fand es irgendwie schon immer auch faszinierend, wie Menschen tief an Gott glauben konnten, auch wenn ich das Selbst nicht verstand. Ich beschloss dieser Sache ziemlich naiv auf den Grund zu gehen, in dem ich ein Gebet sprach, so wie es wohl in meiner Vorstellung ein Christ tun würde. Ich bat darin Gott mir den Glauben zu zeigen und mir zu zeigen, wie das Ganze aussieht. Erst passierte gar nichts. Ich sprach dieses Gebet absolut aufrichtig, falls ich tatsächlich ein Zeichen bekommen würde, würde ich das akzeptieren, was Gott für mich ausgewählt hat.
Irgendwann kurze Zeit später, es war ein ganz normaler Tag und ich sah einfach nur aus dem Fenster, ergriff mich ein wundervolles Gefühl, was ich nie im Leben, so beschreiben kann, wie es sich anfühlte. Es war als ob ein Hauch des Paradieses durch meinen Körper fuhr und ich bekam Gänsehaut am ganzen Körper und spürte eine unheimliche Wärme, verbunden mit einem unendlichen Glücksgefühl. In meinem Kopf waren nur noch Staunen, Glück und Frieden und meine Gedanken kreisten nur noch um zwei Worte und wollten nicht wieder weg von dort: Allahu Akbar.
Nichts, wirklich Nichts auf dieser Welt, kann dieses Gefühl nur annähernd beschreiben.
Verwirrt von diesem starken Gefühl, nahm ich den Koran zur Hand. Ich hatte ihn bereits früher versucht zu lesen, wie auch die Bibel und die Tora, jedoch nach wenigen Seiten abgebrochen. Ich fand die Sprache starr und langweilig. Bei den anderen beiden Bücher, bin ich sehr viel weiter gekommen. Doch etwas zog mich nun mit diesem starken Gefühl zum Koran. Diesmal schlug ich den Koran in der Mitte auf und las:
Nun kann man sich mein Staunen vorstellen, als ich diese Worte las, die so haargenau mein Erlebnis beschrieben und mir gleich eine Erklärung mit dazulieferten. Etwas zeigte mir den Weg. Und der Weg hieß Islam. Meine ganze Gefühlsebene hatte sich innerhalb von Sekunden verändert. Als ich am Abend draußen war und die Bäume beobachtete, die sich im Wind bewegten, empfand ich eine ungeheuerliche Schönheit in dieser Einfachheit und verspürte einen unendlichen Dank für Gott, mich an diesem Leben teilhaben zu lassen. Wie konnte ich nur mein ganzes Leben nicht an Gott glauben? Es war mir absolut rästelhaft. Ich wusste, dass dieses Wissen und dieses Gefühl nie wieder verschwinden würden. Wie kann man noch Gottes Zeichen leugnen, wenn man sie doch am eigenen Körper erfahren hat? Noch an diesem Tag sagte ich die Shahada auf und konvertierte zum Islam. Gott war mein Zeuge in dieser Nacht und ich tat es nur für ihn und mich, ganz allein.
Seitdem hat die Religion auf vielfältiger Weise mein Leben bereichert und auch durcheinander gebracht. Zum Islam zu konvertieren, ist keine Sache, die Einem Wohlgefallen von seinen Mitmenschen entgegenbringt. Ich habe mich unzählige Male gefragt, wieso ich nicht einfach in eine muslimische Familie geboren wurde. Doch ich bin der Meinung, dass nichts im Leben ohne Grund passiert. Wahrscheinlich ist das nicht nur ein Nachteil, sondern ein großer Vorteil. Denn ich bin in der Lage, beide Seiten zu verstehen. Dies schafft zumindest eine gemeinsame Ebene. Der Islam ist kein Fremdkörper, sondern eine Bereicherung. Hass ist nicht produktiv, Verständnis schon. Das gilt im Übrigen auch im Umgang unter den Muslimen.
Modernität heißt nicht das Kopftuch zu verbannen und Frauen zu diskriminieren um sie zu retten, sondern Modernität ist für mich, die Vielfalt als Chance zu sehen und Werte wie Bildung und Selbstverwirklichung ganz unabhängig vom Aussehen zu fördern. Dazu gehört auch das Lernen über den Islam Selbst.